Usabilitystudien sind essentiell. Testen. Testen. Testen. In jeder Phase des Entwicklungsprozesses Feedback vom Nutzer einholen. Stimmen die Features. Stimmt die Struktur. Stimmt das Design. Wording. Farben. Interaktionskanäle. Über Standards der Gestaltung einer Usabilitystudie hinaus gibt es ein paar Erfahrungen, die die Ergebnisse besser machen. Den Wert steigern. Den Kunden überzeugen.
Fragmentiere die Stichprobe nicht zu sehr
Männer und Frauen. 5 Altersgruppen. Technologieerfahrung in 3 Stufen. Automarke. Herkunftsland. Lieblingsfarbe. Bevorzugtes Essen. Die Daten können leicht erhoben werden. Die Stichprobe wird in einzelne Teile zerlegt. Fragmentiert. Teilnehmer werden in Zellen gesteckt. Und jede Zelle muss mit genau 5 Personen bestückt sein. Welchen Sinn macht es, die Ergebnisse von Männern über 60, die mittlere Technologieerfahrung haben, mit den Ergebnissen von Frauen unter 20 mit geringer Technologieerfahrung zu vergleichen. Wenn überhaupt systematische Unterschiede bestehen, sind die oft auf ganz andere Einflüsse zurück zu führen. Bei nur ganz wenigen Studien, die ich gemacht habe traten Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf. Und wenn, waren sie oft nicht aussagekräftig. Am Ende sucht man verzweifelt 3 Frauen über 60, die Mercedes fahren und hohe Technolgieerfahrung haben, um die Stichprobe vollständig zu machen. Tipp: genau überlegen, welche Unterschiede wirklich Sinn machen. Welche die Ergebnisse verbessern. Und lieber weniger als mehr Fragmentierungen verwenden.
Maximale Studiendauer 90 Minuten
Usabilitystudien sind anstrengend. Für die Teilnehmer. Und für die Versuchsleiter. Die Resultate, die in der 119. Minute eines Test gewonnen werden, sind wertlos. Die Lust ist am Ende. Die Konzentration. Der Wille. Man produziert Streuung im Datensatz. Aber keine Ergebnisse. Tipp: die Dauer der Studie für jeden Teilnehmer auf 60 Minuten, maximal 90 Minuten, beschränken.
Nach schweren Aufgaben leichte einbauen
Schwere Aufgaben mit hohen Abbruchraten frustrieren die Teilnehmer. Nicht gekonnt. Zu dumm. Was soll das hier. Es müssen aber genau die schwierigen Tasks getestet werden. Hohe Komplexität. Neue Funktionen. Kritische Interaktionen. Eine schwierige Interaktion oder ein Abbruch deutet nicht auf das Versagen des Teilnehmers hin. Sondern auf das des HMI Designers. Glauben die Teilnehmer aber nicht. Sie bezichtigen sich der Unfähigkeit. Tipp: zur Motivation immer mal wieder eine leichte Aufgabe einstreuen.
Versuchspläne versuchsleiterfreundlich gestalten
Neben der zeitlichen Begrenzung auf 90 Minuten pro Teilnehmer sollte der Versuchsplan ausreichend Zeiten für den Versuchsleiter enthalten. Nach jedem Teilnehmer eine Pause. Die dient der persönlichen Entspannung. Und zum Auffangen von Verzögerungen. Teilnehmer kommt zu spät. Teilnehmer braucht sehr lange. Teilnehmer hat ein besonderes Mitteilungsbedürfnis. Tipp: nach jedem Teilnehmer 15 Minuten Pause einplanen. Und nehmen. Nach 3 Testtagen einen Tag Pause machen.
Auftraggeber, Kunden und Chefs haben im Labor nichts verloren
Sie als Experte wissen, wie eine Studie durchgeführt wird. Sie achten darauf, neutral zu sein. Sie erzeugen die besten Ergebnisse. Ihr Auftraggeber hat ganz andere Interessen. Die Frage an den Teilnehmer: „Aber dieses Feature ist doch ganz besonders gut gelungen, oder?“ liegt ihm nahe. Tipp: dem Auftraggeber das Labor zeigen, wenn gerade keine Datenaufnahme läuft. Einen Durchlauf mit ihm als Teilnehmer machen. Das erleichtert ihm die Interpretation der Ergebnisse.